Forschung, Digitalisierung, Ambulantisierung: Gesundheitspolitik muss jetzt Weichen für gutes Sehen stellen

München, Juni 2025 – Angesichts der wachsenden Zahl augenheilkundlicher Patientinnen und Patienten in Deutschland mahnt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. (DOG) entschlossene gesundheitspolitische Weichenstellungen an. Dazu benennt die Fachgesellschaft drei zentrale Handlungsfelder: die am Patientenwohl orientierte weitere Ausgestaltung der Ambulantisierung, die gezielte Stärkung der Forschung sowie eine erleichterte Nutzung digitaler medizinischer Daten für die Wissenschaft und Patientenversorgung.

Die Augenheilkunde ist bundesweiter Vorreiter bei der Ambulantisierung: Bereits heute erfolgen rund 85 Prozent aller Augenoperationen ambulant – bei der Grauen-Star-Operation liegt der Anteil sogar bei über 90 Prozent. Die DOG unterstützt die weitere Verlagerung medizinischer Leistungen in den ambulanten Bereich ausdrücklich, fordert jedoch gezielte strukturelle Anpassungen.

Ambulantisierung gestalten, stationsassoziierte Zentren erhalten

„Patientensicherheit muss oberste Priorität haben“, sagt Professor Dr. med. Claus Cursiefen, Generalsekretär der DOG und Direktor des Zentrums für Augenheilkunde an der Uniklinik Köln. Das bedeute konkret: Für vulnerable Gruppen wie Alleinlebende, Ältere, Menschen mit Behinderung oder mit nur einem sehenden Auge müsse auch weiterhin eine stationäre Versorgung möglich bleiben, weil bei ihnen das Risiko für Komplikationen erhöht ist und diese Patienten sich häufig zu Hause nicht selbst versorgen können. Dafür sei es notwendig, den AOP-Katalog um spezifische medizinische und soziale Kontextfaktoren zu erweitern und die bereits Bestehenden zu verstetigen.

Bau kliniknaher Patientenhotels zur Nachversorgung

Wichtig ist aus Sicht der DOG weiter, die (Uni)-Kliniken zu stärken, die ihre Patientinnen und Patienten sowohl ambulant als auch stationär versorgen können. „Diese stationsassoziierten Zentren bündeln spezielles Fachwissen mit der notwendigen ärztlichen Erfahrung. Gerade für die Versorgung von Menschen mit komplexen oder seltenen Augenerkrankungen ist es entscheidend, diese Zentren zu erhalten“, betont Professor Dr. med. Horst Helbig, Mediensprecher der DOG und Direktor der Universitäts-Augenklinik Regensburg. Um diese Zentren zu stärken und die weitere Ambulantisierung effektiv umzusetzen, brauche es einen Ausbau ambulanter OP-Zentren und bauliche Anpassungen von Klinikgebäuden. „Um Patientinnen und Patienten auch nach der ambulanten OP gut versorgen zu können, müssen zugleich neue Strukturen für die Nachversorgung geschaffen werden, beispielsweise kliniknahe Kurzzeitpflegeeinrichtungen oder Patientenhotels“, so Helbig weiter. Angesichts weltweiter Krisen müsse zudem die stationäre Versorgung für Augentraumata jederzeit gewährleistet sein, sowohl für Einsatzkräfte als auch für zivile Betroffene.

Forschung stärken – Therapien von morgen entwickeln

Trotz medizinischer Fortschritte sind viele schwere Augenerkrankungen weiterhin nicht heilbar. Angesichts des demografischen Wandels wächst die Zahl betroffener Patientinnen und Patienten kontinuierlich. Um neue Therapien zu ermöglichen, ist aus Sicht der DOG eine deutliche Ausweitung der Forschung notwendig. Die DOG fordert daher die Gründung eines „Deutschen Zentrums für Augenheilkunde“ – in Anlehnung an das National Eye Institute in den USA. „Nur wenn wir Krankheitsursachen besser verstehen lernen, können individualisierte Präventions-, Diagnose- und Therapieansätze entstehen. Eine leistungsfähige Forschungsstruktur ist der Schlüssel, um die Lebensqualität einer alternden Gesellschaft durch exzellente augenärztliche Versorgung zu sichern“, so Cursiefen.

Digitalisierung nutzen – für eine bessere Versorgung

Digitale Tools helfen schon heute, ein genaueres Bild von der Patientenversorgung in der Augenheilkunde in Deutschland zu gewinnen und diese zu verbessern. Zu diesem Zweck hat die DOG „oregis“ aufgebaut, ein digitales Register für die Augenheilkunde. Ziel ist, eine breite Datengrundlage für die (Versorgungs-)Forschung in der Augenheilkunde zu generieren. „Um die Chancen der Digitalisierung künftig noch effektiver nutzen zu können, braucht es pragmatische Regularien für die Nutzung medizinischer Daten zur wissenschaftlichen Forschung und Durchführung klinischer Studien“, betont der Generalsekretär abschließend.