Weiterbildungsermächtigte
Musterweiterbildungsordnung
Mit der vor einem Jahr in Kraft getretenen Novellierung der Weiterbildungsordnung haben die Bundes- und die Landesärztekammern die Weiterbildung an die Anforderungen der heutigen Gegebenheiten angepasst. Die Einführung dieser neuen WBO wird von der DOG begrüßt, das gilt insbesondere für das E-Logbuch und die Ausrichtung auf die Vermittlung von Kompetenzen. Die Erfahrungen, die in den vergangenen 12 Monaten gemacht wurden, zeigen aber auch einen erheblichen Nachbesserungsbedarf dieser an sich sehr positiv zu bewertenden neuen Weiterbildungsordnung.
Das gilt für das Fachgebiet der Augenheilkunde insbesondere für die praktische Vermittlung bestimmter Kompetenzen. Eine fundierte Weiterbildung, wie sie von der novellierten WBO angestrebt wird, erfordert zwingend den Erwerb von Kompetenzen, die heute ausschließlich in Versorgungseinrichtungen der Maximalversorgung (in der Regel Augenkliniken) vermittelt werden können. Es handelt sich insbesondere um Fähigkeiten und Kenntnisse, die in einem interdisziplinären Rahmen und im Kontakt mit Patienten erworben werden können, die an seltenen, schweren oder schwerstverlaufenden Erkrankungen leiden oder erhebliche Ko-Morbiditäten aufweisen.
Einige Beispiele
- Behandlung polytraumatischer Patienten im Team
- Komplexe Eingriffe an den okulären Adnexen, besonders an der Orbita, an den Tränenwergen oder bei Tumorerkrankungen
- Behandlung von Kindern, insbesondere Augenmuskeloperationen höherer Schwierigkeit
- Eingriffe an der Hornhaut höherer Schwierigkeit, insbesondere Transplantationen
- Die ärztliche Leichenschau
- Ophthalmopathologie
- Fachgebundene genetische Beratung
Ärzte, deren Weiterbildung ausschließlich im niedergelassenen Sektor erfolgt, werden diese und viele andere Kompetenzen nicht oder nicht in der erforderlichen Tiefe und Breite erwerben können. Die Qualität der Weiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde, wie sie auch von der novellierten Weiterbildungsordnung gefordert wird, erscheint daher akut gefährdet. Der vollständige Erwerb dieser Kenntnisse ist nach derzeitigem Stand nur an einer Klinik möglich, die sowohl ambulant wie
auch stationär versorgt. (Eine rezente Umfrage unter den deutschen Augenkliniken hat gezeigt, dass diese ihre Leistungen zu 84% ambulant erbringen.) Aus diesem Grund muss ein Teil der Weiterbildung zwingend an einer Augenklinik absolviert werden und kann nicht ausschließlich im niedergelassenen Sektor erfolgen.
Mehrere Landesärztekammern (Mecklenburg-Vorpommern, Saarland) haben diesen Umstand inzwischen auch erkannt und deswegen im Curriculum für die Weiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde eine Pflichtphase etabliert, die an einer Augenklinik absolviert werden muss.
Die DOG hält es für dringend geboten, dass auch die übrigen Ärztekammern diesem Beispiel folgen und die Curricula für die Weiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde in ihren Zuständigkeitsbereichen so umstrukturieren, dass sie eine Pflichtzeit von mindestens 24 Monaten vorsehen, die an einer bettenführenden Augenklinik zu erfolgen hat.