Prof. Dr. Siegfried Priglinger, Schriftleiter
Das Preiskomitee bestand aus dem Präsidenten der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, Herrn Prof. Dr. Gerd Geerling, dem Vertreter der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft, Herrn Prim. Univ. Prof. Dr. Michael Amon, dem Vertreter der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft, Herrn Prof. Dr. Christoph Kniestedt, sowie dem Schriftleiter der Klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde, Herrn Prof. Dr. Siegfried G. Priglinger.
Die Klinischen Monatsblätter sind mit ihrem mehr als 150-jährigen Bestehen die älteste kontinuierlich publizierte Fachzeitschrift der Welt und offizielles Publikationsorgan der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft.
Der Ferdinand Enke Verlag in Stuttgart hat 1938 in dankbarem Gedenken an Theodor Axenfeld, dem früheren Herausgeber und unvergessenen Förderer der Klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde, den Theodor-Axenfeld-Preis gestiftet. Seit dem Jahr 1964 wird dieser Preis regelmäßig verliehen, gestiftet vom jetzigen Verleger dem Georg Thieme Verlag Stuttgart.
Der Preis wird für eine herausragende Veröffentlichung in den Klinischen Monatsblättern vergeben, die wesentliche Fortschritte auf dem Gebiet der Augenheilkunde für den in Klinik und Praxis tätigen Augenarzt erbracht hat, und deren Inhalt an anderer Stelle nicht veröffentlicht worden ist. Die Publikationen wurden entsprechend den Statuten und den Richtlinien der DOG aus einer unabhängigen anonymisierten Bewertung der 67 in Frage kommenden Arbeiten bewertet.
Der Preis wird vergeben an
Dr. Tobias Kiefer aus Essen
als korrespondierenden Autor der Arbeit
„Intraarterielle Chemotherapie beim Retinoblastom – erste Erfahrungen eines deutschen Referenzzentrums“.
In der prämierten Arbeit beschreiben die Autoren ihre Erfahrungen mit der intraarteriellen Chemotherapie beim häufigsten intraokulären Tumor, dem Retinoblastom. Betroffen sind meist Kinder unter vier Jahren. Das Retinoblastom macht circa 3 % aller pädiatrischen Tumore aus und stellt interdisziplinäre Behandlungsteams der Ophthalmologie und Onkologie oft vor eine komplexe Behandlungsaufgabe.
Während beim Retinoblastom lange Zeit die Strahlentherapie im Vordergrund stand, liegt der Fokus mittlerweile primär auf der Chemotherapie, da eine Radiatio mit einem hohen Risiko aggressiver Zweitmalignome verbunden ist. Als Weiterentwicklung der intravenösen Chemotherapie steht heute die intraarterielle Chemotherapie (IAC) zur Verfügung, die als sogenannte supraselektive interventionelle Chemotherapie über die Arteria ophthalmica verabreicht wird. Dadurch können systemische Nebenwirkungen gesenkt werden, bei gleicher oder auch besserer Effektivität.
Die publizierten Ergebnisse der intraarteriellen Chemotherapie bei Retinoblastom sind heterogen – nicht nur, was Schemata und Behandlungsstrategien angeht – sondern auch bezüglich der berichteten visusbedrohenden okulären Ereignisse, systemischer Nebenwirkungen und der langfristigen Zweitmalignome. Daher ist die Studie von Dr. Kiefer et al., die 137 Augen von 127 Kindern mit Indikation zur IAC am deutschen Referenzzentrum in Essen eingeschlossen hat, von großer Bedeutung. In 100 der 137 Augen war eine IAC machbar, und 88 davon wurden mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens sechs Monaten in die Analyse eingeschlossen. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 38 Monaten zeigte sich, dass nach 195 durchgeführten IACs ein primäres Ansprechen von 85,2 % mit einer Rezidivfreiheit von 61,3 % vorlag. Der Bulbuserhalt lag bei 68,1 %. In 40,9 % der Augen kam es zu okulären Komplikationen, von denen 21,6 % visus-relevant waren.
Zusammenfassend zeigt die Studie von Kiefer et al. somit, dass die IAC eine potente Therapie beim Retinoblastom darstellt, die auch bei fortgeschrittenen und vorbehandelten Befunden sinnvoll eingesetzt werden kann. Allerdings ist zu beachten, dass visus-relevante Komplikationen nicht selten sind.
Die Arbeit von Herrn Dr. Kiefer und Kollegen hat einen wertvollen Beitrag zur besseren Beurteilbarkeit des Potenzials der intraarteriellen Chemotherapie geleistet. Auf der Basis dieser retrospektiven Analyse könnte die Behandlung und Prognose der Retinoblastome am nationalen Referenzzentrum der Universitätsaugenklinik in Essen optimiert werden.
Wir gratulieren den Autorinnen und Autoren und beglückwünschen sie zum Erhalt des Theodor-Axenfeld-Preises im Jahr 2022.